Kepler Track

15.01. – Tag 1

Der Wecker klingelt morgens um 7:00 Uhr. Wir klappen das Bett zusammen und nutzen die Gelegenheit nochmal duschen gehen zu können. Später am Tag fragen wir uns „Wozu eigentlich?“ Danach gibt es Frühstück, gefolgt vom Abwasch, Zähneputzen und Schorschel umparken. Wir haben ein Shuttle-Bus über Tracknet gebucht. Das Büro von denen ist direkt neben der Rezeption vom Campingplatz der letzten beiden Nächte. Wir gehen über das Gelände zum Sammelpunkt. Die Leute von Tracknet haben vorgestern noch gesagt, dass wir nichts weiter brauchen, um den Parkplatz in Anspruch zu nehmen. Ich frage trotzdem nochmal an der Rezeption vom Campingplatz nach und siehe da, man braucht ein Zettelchen hinter der Windschutzscheibe. Im Laufschritt bringe ich das besagte Zettelchen zum Van. Als ich wieder zurück am Sammelpunkt bin, wird schon eine gewisse Luisa von der Busfahrerin ausgerufen.

Wir fahren los, allerdings nur auf die andere Straßenseite zum Informationszentrum vom DOC, wo wir auf Leute aus dem Bus aus Queenstown warten. Als wir alle Leute haben, die wir brauchen, beginnt die 10-minütige Busfahrt bis zum Start des Tracks.

Das Wetter sieht gut aus. Wir wandern den Kepler Track entgegen dem Uhrzeigersinn. Direkt am Start treffen wir das erste mal auf Eamonn und Ellie und wechseln ein paar flüchtige Worte. Für uns geht es erstmal 6 km im Wald am nördlichen Ufer von Lake Te Anau entlang. Dort wäre die erste Übernachtungsmöglichkeit gewesen. Allerdings nicht für uns, denn wir wollen zur Luxmore Hut.

Also geht’s links rum und dann zuerst langsam und später steiler bergauf. Nach insgesamt 8 km machen wir mal eine Pause. Als wir wieder weiterlaufen, ist Irgendwann plötzlich der Wald zuende. Wir stehen auf einer grasigen Hochebene und genießen die Aussicht in alle Richtungen. Es fängt an zu nieseln. Wir packen die Kamera weg und schlübbern erst die Rucksäcke und dann uns ein. Neben Regenschutz kommen außerdem Mütze und Schal zum Einsatz, der Wind ist kalt. Etwa 30 Minuten weiter erreichen wir auf 1085 m Höhe unser Ziel für heute.

In der Hütte sind keine Stiefel erlaubt, also ziehen wir sie im Flur aus und stellen sie zu den anderen. Zum Glück haben wir unsere Sandalen dabei. Es gibt zwei Schlafsäle: Einer nach Modell 7 Zwerge, ein Bett an dem anderen, aber mit Doppelstockbetten. Er bietet also Platz für 14 Zwerge. Lulu nennt ihn liebevoll die Leichenhalle, weil dort Leute rumliegen und ungefähr alle Fenster offen sind, sodass es sehr zugig und und noch viel kälter ist. Wir gehen in den anderen Schlafsaal mit einzelnen Doppelstockbetten und suchen uns ein hübsches Plätzchen. Dann gehen wir zurück ins Untergeschoss und tragen ein, dass wir angekommen sind, wo wir morgen hin wollen und dass wir Bett 33 und 34 besetzt haben. Im Gemeinschaftsraum, der mit einem ganzen Satz Gaskochern und genügend Möglichkeiten zum Essen und für den Abwasch ausgestattet ist, erholen wir uns erstmal bei Tee, Nussmischung, Apfel und Müsliriegel. Das Wasser sollte laut Beschriftung der Wasserhähne auch hier abgekocht werden (wie schon auf dem Rakiura Track). Ellie und Eamonn haben es mittlerweile auch geschafft. Wir wechseln weitere Worte. Nun wissen wir sogar wie sie heißen.

Nach kurzer Zeit packt uns wieder der Tatendrang. Wir statten der 10 Minuten entfernten Luxmore Cave einen Besuch ab. Laut Ranger Matt ist sie 3,5 km tief. Wir schaffen allerdings höchstens 100 m, dann wird es uns zu unaufgeräumt und schlüpfrig. Allerdings kann man auch hier schon ein paar schöne Tropfsteinformationen sehen und in der Mitte plätschert ein Bächlein.

Zurück in der Hütte wollen wir Abendessen machen. Ranger Matt hält aber erstmal seine Hüttenrede. Er begrüßt den ganzen Saal auf Māori. Darauf folgen die Sicherheitsregeln: Wir sind in einer Holzhütte. Unser größter Feind ist das Feuer. Das sollte man immer im Auge behalten (Stichwort: Gasherd). Ganz kleine Brände dürfen wir gern versuchen zu löschen, bei allem anderen aber den Alarm auslösen, falls er nicht sowieso schon losheult, und uns schnell aber geordnet zum Hubschrauberlandeplatz begeben. Dort hakt Matt dann hoffentlich alle anwesenden Gäste ab und verteile Stöcke und Marshmallows.

Matt geht auch auf Umgangsformen ein, da hier 55 Menschen aus allen Ländern der Welt aufeinander treffen und es nur sehr begrenzte Rückzugsmöglichkeiten und Chancen auf Privatsphäre gibt. Außerdem gibt es hier vier richtige Toiletten mit Wasserspülung – absoluter Luxus für eine DOC-Hütte. Damit das so bleibt wollen wir unbedingt einen Poonamie vermeiden. Um die Götter gnädig zu stimmen massiert Matt dreimal täglich die Abwassertanks. Um sie nicht zu verstimmen ist es aber absolut essentiell wichtig, dass in die Toiletten nur drei verschiedene Dinge kommen: Die ersten beiden stellt der menschliche Körper her, Nummer drei ist das qualitativ absolut hochwertige, einlagige Toilettenpapier, durch das man sogar Zeitung lesen könnte, hätte man eine hier hoch getragen. Es folgt das Wetter für morgen: Bestens, warm, kein Wind, keine Wolken. Heute früh lagen hier an der Hütte noch 1,5 cm Neuschnee.

Die Rede geht weiter mit einem Vortrag über den Kea, den einzigen alpinen Papagei der Welt. Sie sind sehr schlau und, da der Mensch erst sehr spät in ihren Lebensraum vorgedrungen ist, haben keinerlei Angst, sondern nutzen den Menschen und all die lustigen Dinge, die er auf den Berg schleppt, gern zur Unterhaltung. Matt hat schon diverse zerkaute Wanderstiefel und andere Ausrüstung aus Kea-Nestern gezogen.

Sie haben gelernt, dass in der Mitte der Hermelin-Fallen, die hier alle 100m rumstehen, ein Ei als Köder ist. Wenn man unter die Baumgrenze fliegt, sich ein Stöckchen holt, damit die Falle auslöst, besteht eine gute Chance, dass das Ei zerspringt und an der Seite raustropft. Falls nach ein paar Minuten des Wartens keine Eierinnereien aus der Falle laufen, kann man mit demselben Stöckchen auch noch die zweite Seite der Falle auslösen. Nachdem das DOC davon erfahren hat, wurden die Fallen so umgerüstet, dass die Hermeline in der Falle erst einmal um die Ecke müssen, bevor sie um die Ecke gebracht werden. Doch das DOC hat die Rechnung ohne die Kea-Schläue gemacht: Sie tragen jetzt einfach ein L-förmiges Stöckchen zur Falle, statt einem geraden. Damit kommen sie immer noch an das leckere Ei in der Mitte. In der neuesten Generation der Fallen, dürfen die Hermeline nun erstmal ein spannendes Labyrinth lösen, bevor sie sterben. Welch ein Highlight am Lebensende… Bisher haben die Keas diesen Fallentypen noch nicht geknackt.

Matt geht auch nochmal auf das Wasser ein: Er trinkt es immer direkt aus dem Hahn, da es aus einem sehr klaren Bergsee einen Hügel weiter oben kommt. Das überzeugt uns und wir lassen ab jetzt das Abkochen, nutzen aber unseren Wasserfilter, nur um ganz sicher zu gehen (und um ihn nicht umsonst geschleppt zu haben). Nachdem alle zusammen ein Māori Lied gesungen haben, ist die Rede vorbei. Jetzt aber ran an den Herd fürs Abendbrot gefolgt vom Abwaschen.

Die Berge strahlen rötlich beim Abendessen. Die Sonne muss wohl untergegangen sein, das sehen wir von hier aber nicht. Kurz danach geht das Licht aus, da der Strom aus einer Solaranlage kommt. Zum Zähneputzen und Auffinden des eigenen Bettes reicht das Restlicht von draußen aber noch.

16.01. – Tag 2

Um 5:45 Uhr klingelt mein Wecker, da um 6:20 Uhr Sonnenaufgang ist und wir am besten schon ein paar Minuten vorher an der richtigen Stelle stehen wollen. Am besten geht das vom zweiten Hubschrauberlandeplatz. Als wir dort ankommen finden wir schon acht Leute vor, inklusive Matt, der diesen Tipp in seiner gestrigen Rede gegeben hat. Am Ende trotten wir mit 20 Leuten zurück zur Hütte.

Dort angekommen frühstücken wir erstmal. Zwischendurch lässt sich ein Kea auf der Terrasse blicken und ist sofort von Kameras umringt. Er trägt einen Ring am Fuß mit der Nummer 2 – es ist Malsby, der hier öfter vorbeikommt. Ein Rucksack auf der Bank hat sein Interesse geweckt. Da muss doch irgendwas Leckeres in den Seitentaschen sein. Als er begreift, dass der Rucksack zu gut bewacht ist, verschwindet er wieder. Wir versuchen es mit einem bisschen Hygiene, anschließend packen wir die Sachen und gegen 8:30 Uhr starten wir unsere zweite Etappe.

Erstmal geht es aufwärts und wir werden direkt von der Hütte weg mit guten Aussichten in alle Himmelsrichtungen belohnt. Den optionalen Aufstieg zum 1472 m hohen Mount Luxmore nehmen wir auf uns. Die Route führt ca. 70 m tiefer am Gipfel vorbei und der Aufstieg erfolgt von der Rückseite. Jetzt ist mir warm, ich ziehe die Jacke aus, zippe die Hosenbeine ab und trage Sonnencreme auf (hab ich in Christchurch gelernt, dass das wichtig sein könnte). Auch hier kriegen wir nochmal Besuch von Malsby. Er probiert mal an allen Rucksäcken etwas zu finden, was sich mopsen lässt. Aber auch hier sind die Besitzer/innen auf der Hut und scheuchen ihn vorsichtig vom Rucksack weg.

Nachdem Malsby weitergezogen ist, brechen auch wir wieder auf. Erstmal von der Spitze runter und danach immer wieder auf und ab. Der gute Ausblick bleibt erhalten. Irgendwann erreichen wir die erste von zwei Schutzhütten des heutigen Tages. Es gibt hier ein ganz besonderes Klo. Die Tür des Häuschens hat ein Sturm auf dem Gewissen. Wenn man diese Einrichtung nutzen möchte, muss man mit der Öffentlichkeit umgehen können. Dafür gibt es allerdings einen Ausblick, den wohl kaum eine andere Toilette bietet. Eine weitere Besonderheit ist der Stein auf dem Klodeckel. Keas hatten das Innerste des Plumpsklos als guten Spielplatz für sich entdeckt. Irgendein armer Wanderer muss sich mal ziemlich erschrocken haben, als er den Klodeckel öffnete und ihm ein Kea entgegen flatterte. Seitdem dient der Stein als Sicherung. Merke: Keine Keas küssen.

Ganz der Empfehlung von Matt folgend, machen wir unsere Mittagspause nicht an einer der beiden Schutzhütten, sondern ein wenig abseits des Hauptweges auf einer Bergkuppe. Auf die paar Höhenmeter kommt es auch nicht mehr an.

Kurz danach folgt die zweite Schutzhütte, wo man unbeobachtet das Klo nutzen kann und wiederum kurze Zeit später beginnt der Abstieg in Serpentinen zur Iris Burn Hut. Der zieht sich für uns über 90 Minuten und kreuzt immer wieder einen kleinen Bach, der für kurze Stücke auch mal auf dem Weg verläuft. Ich bin wirklich froh, dass wir den Weg nicht in die andere Richtung wandern.

Nachdem wir unser Ziel erreicht, unsere Betten bezogen und uns eingetragen haben, gehen wir in Badebekleidung und wild entschlossen zum 15 Minuten entfernten Wasserfall. Der natürliche Pool davor soll zum Baden geeignet sein. Er ist sehr felsig und man muss aufpassen, dass man sich nicht alle Gräten bricht, aber für eine kleine Erfrischung reichts. Erfrischung ist das richtige Wort, denn das Wasser ist arschkalt. Lulu schafft es nur mit den Füßen rein. Nachdem ich halb unfreiwillig bis zur Hüfte im Wasser war, kriegt der restliche Körper auch noch etwas Bergfrische ab – eigentlich gar nicht schlecht nach zwei Tagen wandern.

Eamonn und Ellie sind auch zum Baden hier. Eamonn bleibt sehr zögerlich am Ufer. Ellie verschwindet komplett im Wasser. Ich denke noch „Mensch, das Mädel hat Mumm.“ Später stellt sich jedoch heraus, dass sie nur ausgerutscht ist. Wir bitten Eamonn ein Foto von uns zu machen. Damit haben wir, nach der Spitze des Mt Luxmore heute schon das zweite Foto für die Mad Challenge abgehakt. Um sie abzuschließen, müssen wir Fotos mit dem T-Shirt von Mad Campers vor neun verschiedenen Hintergründen machen, per Social Media teilen und Mad Campers verlinken. Dann gibts bei der Rückgabe 5% Rabatt auf den Campervan. Den Gipfel über 500m und das Baden an einem Wasserfall haben wir also ab heute schon mal im Kasten.

Zurück in der Hütte wollen wir kochen. Ranger Birgit, ursprünglich aus Kiel, beginnt allerdings ihre Hüttenrede: Sicherheit, Wasser, Toiletten, Wetter und die Vögel der Gegend (Keas, Blue Ducks, Paradise Shelducks, Wekas, Kiwis). Die beste Zeit, um hier Kiwis zu sehen, ist zwischen 1:00 und 3:00 Uhr. Von den 40 Leuten, die heute hier übernachten, laufen vier in die entgegengesetzte Richtung. Sie haben einen ganzen Gemeinschaftssaal voller Experten, die sie anzapfen könnten, um sich auf ihre morgige Etappe vorzubereiten. Nachdem die Rede vorbei ist, bleiben noch die Tagesordnungspunkte Kochen, Essen und Schlafen.

Um 1:45 Uhr klingelt mein Wecker. Wir schleichen uns raus, um es nochmal mit den Kiwis zu probieren. Es lässt sich allerdings keiner sehen. Erst probieren wir es im Wald. Irgendein Depp steht auf der Wiese vor der Hütte und ballert mit einem weißen Scheinwerfer in die Gegend, sodass ich selbst im Wald noch geblendet bin. Dabei hat Birgit extra nochmal darauf hingewiesen, dass zur Kiwi-Jagd bitte nur rotes Licht zu verwenden ist. Später versuchen wir es auf der Wiese. Aber auch hier haben wir kein Glück, was die Sichtung betrifft. Wir hören allerdings den von Birgit angekündigten und sehr lebensecht imitierten Dialog zwischen weiblichem (grunziges Schnurren) und männlichem Kiwi (Quietschen, das sich nach hinten steigert). Zu Beginn der Aktion haben wir einen wunderschönen Sternenhimmel, es zieht sich allerdings zu. Als wir weder Kiwis noch Sterne sehen, schleichen wir wieder ins Bett.

17.01. – Tag 3

Beim Frühstück unterhalten wir uns mit Ranger Birgit über unsere gestrige Kiwi-Jagd, über unseren beinahe Kiwi-Zusammenstoß auf dem Rakiura Track und die weiteren Wanderungen, die uns noch bevorstehen. Dann gibt sie für alle den aktuellsten Wetterbericht bekannt: Weiterhin bestes Wanderwetter.

Heute geht’s nach einer kleinen Bergaufpassage mit Serpentinen eigentlich nur noch ganz sanft auf und ab, wobei es eigentlich mehr bergab geht. Durch den Wald bleibt es auch weiterhin angenehm schattig auf dem Weg. Einzige Ausnahme ist der Big Slip: Eine große Lichtung, die 1984 durch einen Erdrutsch in Folge von Überflutungen entstanden ist. Von hier kann man einen Blick auf die gestrigen Serpentinen werfen und sich freuen, dass man sie hinter sich hat. Außerdem steht hier hin und wieder Wasser auf dem Weg. Aber wie Ranger Birgit bereits angekündigt hat, ist die Mitte des Weges, mitten durch das Wasser, die beste Variante. Dort ist der härteste Untergrund und man versinkt nicht im Matsch, wie es rechts und links des Weges der Fall wäre. Neben uns fließt der, die oder das Iris Burn – mal weiter weg, mal dichter dran. Am Wegesrand begleiten uns außerdem Farne und Pilze. Vogelgesang ist ebenso vorhanden wie allerhand Brücken über kleinere und größere Ströme und Bäche.

Ziemlich genau auf der Hälfte der Strecke kommen wir an eine Schutzhütte mit Toilette. Hier gönnen wir uns unser typisches Wandermittag: Quetschies, Nussmischung, Müsliriegel und natürlich Wasser, das wir auf dem Weg eigentlich viel zu wenig trinken, wenn wir mal ehrlich sind.

Kurz vor der Hütte erreichen wir Lake Manapouri, entscheiden uns für eine Pause am Cosy Nook und genießen die Aussicht. Die Moturau Hut, unser heutiges Ziel, ist auch schon in Sichtweite. Dort legt gerade ein Jetboot ab. Ich scherze noch „Das kommt hier rüber und holt uns ab.“ Tatsächlich kommt es direkt auf uns zu und keine 10 Minuten später ist es direkt vor uns. Für uns wäre aber kein Platz – noch nicht. Ich rufe der Kapitänin zu „Achtung, du strandest gleich.“ Sie erwidert, dass ich die kleinen schwarzen Käferchen (gemeint sind die Sandflies) nicht totschlagen soll, sie stünden unter Naturschutz. Ich glaube wir verstehen uns. Als alle Touristen von Board sind, verschwinden sie im Wald. „Nicht klauen!“ waren ihre letzten Worte. Ich frage noch, wie es mit leihen aussähe. Sie könnten die Gruppenerfahrung machen, einen Teil des wunderschönen Kepler Tracks bis zur nächsten Hütte zu wandern. Richtige Begeisterung kommt bei ihnen nicht auf. Die ganze Gruppe verschwindet nach rechts um die Ecke und das Boot liegt unbewacht da. Kurz danach tauchen Eamonn und Ellie von links auf. Ich rufe ihnen zu, dass wir eine Abkürzung organisiert haben. „Ihr seid gut organisiert,“ sagt Eamonn. „Tja, so sind wir Deutschen…“

Wir erreichen die Moturau Hut, belegen zwei Betten, tragen uns in die Liste ein und sehen uns auf dem Gelände um. Dann folgt ein Badegang im Lake Manapouri. Das Wasser ist hier deutlich wärmer als gestern am Wasserfall. Lulu schafft es auch komplett ins Wasser und so ziehen wir ein paar Bahnen.

Heute schaffen wir es, unseren ersten Gang, Tütensuppe, zu kochen und zu essen und anschließend noch die Nudeln zu kochen aber nicht mehr zu essen, bevor die Hüttenrede beginnt. Die findet heute mal draußen auf der Wiese statt. Es ist das Übliche: Sicherheit, Gaskocher, Umgangsformen, Toiletten. Wer will darf sich jetzt vor den Sandflies retten, allerdings geht niemand. Es folgen die Lebewesen aus der Nachbarschaft:

  • Moreporks, eine kleine Eule, die so ruft wie sie heißt oder nach dem benannt wurde, was sie ruft.
  • Kiwis, heute gehen wir allerdings nicht auf die Jagd.
  • Tutu, eine giftige Pflanze, die wir schon hinter uns haben. Zum Glück werden wir jetzt nochmal belehrt, dass wir sie nicht hätten anfassen oder gar essen sollen. Lulu kannte sie aber schon vorher durch ihre Recherchen nach nicht so freundlichen Dingen, die uns in Neuseeland begegnen könnten.

Morgen treffen wir eine wahre Berühmtheit Neuseelands: Wir werden entlang des Waiau Rivers laufen, der in mehreren Sequenzen den Fluss Anduin in der Verfilmung der Herr-der-Ringe-Trilogie gespielt hat. Als die Rede vorüber ist, gehen wir wieder rein und stürzen uns auf unsere Asia-Nudeln, die mittlerweile gut durchgezogen und fast matschig sind.

Zum Sonnenuntergang ist fast die ganze Hüttenbesatzung am Seeufer und einige Kinder auch immer noch im See. Wir teilen uns eine Bank mit Eamonn und Ellie und wechseln mal etwas mehr als nur ein paar Worte. Über alles, was wir bisher auf dem Kepler Track gesehen und erlebt haben, über alles was wir vorher schon gesehen haben und über die üblichen allgemeinen Dinge: Woher seid ihr? Was macht ihr so, wenn ihr nicht wandert? Und so weiter… Die beiden sind aus Australien, genauer gesagt aus der Hauptstadt Canberra (sprich: Kenn-Brah). Wenn wir in der Gegend sind und eine günstige Unterkunft suchen, dürfen wir uns gern melden.

Beim Zubettgehen fällt dem einen deutschen Rentner auf, dass ich deutsch spreche, nachdem ich in die Trinkflasche seiner Frau getreten bin und sowas sage wie „Ich glaube, es ist nichts ausgelaufen.“ Ich verstehe seine Überraschung nicht so ganz, denn am ersten Tag habe ich schon ein paar Worte mit seiner Frau gewechselt. In einem kurzen Gespräch stellen wir fest, dass die vier auch ganz nett sind. Allerdings ist es etwas komisch, dass wirklich niemand von denen den kleinsten Funken englisch spricht. Der Gedanke zum Einschlafen: Wie haben die vier wohl die letzten Wochen überlebt und wieviel nimmt man aus seinem Urlaub mit, wenn man mit niemandem reden kann?

18.01. – Tag 4

Die Stampffußens (STAMPFFÜSSE!) wecken uns durch eine bebende Hütte. Die ganze Familie hat aber auch ein paar Ballerhacken und sie sind auch sonst nicht die aller leisesten Zeitgenossen. Der Rest des Morgens wird ganz entspannt für uns, da wir heute eine kurze, einfache Strecke vor uns und dafür viel zu viel Zeit haben. Als wir beim Frühstück sitzen, lasse ich mir Eamonns Kontaktdaten geben, bevor die beiden loswandern. Wir sind fast die letzten, als wir endlich unsere Sachen packen und fegen noch den Schlafsaal durch. Dann brechen wir auch auf.

Farnwald und Buchenwald wechseln sich ab. Es ist meist flach. Unterwegs nehmen wir ein paar Aussichtspunkte mit. Abgesehen von denen gibt es wenig zu sehen, außer Wald.

Nach 6,5 km sehen wir am Rainbow Reach Ellie und Eamonn nochmal. Sie kommen uns auf der Brücke über den Waiau River entgegen. Wenn man weiß, dass der Fluss in den Filmen war, kann man es sich schon ganz gut vorstellen. Ansonsten fehlt aber der richtige Blickwinkel, um ihn wirklich wiederzuerkennen. Auf der anderen Seite sitzt der Vater von Familie Stampffuß. Er wartet auf jemanden, der ihm das jagen beibringen soll.

Hier sollte eigentlich unser Ziel für heute sein. Allerdings müssten wir hier noch über drei Stunden warten, bis uns der Shuttle-Bus aufsammelt. Der Handyempfang ist gut genug, um in deren Büro anzurufen und unseren Sammelpunkt auf die Control Gates zu verlegen. Dort haben wir die Wanderung auch gestartet und können somit die Schleife noch komplett schließen. Jeder geht nochmal aufs Töpfchen und dann wandern wir weiter.

Es geht weiterhin immer ein kleines bisschen auf und ab. Für eine Weile begleiten wir Eamonn und Ellie, bevor wir an ihnen vorbeiziehen. Auf einer der Fallen liegt ein totes Hermelin. Es sieht nicht so niedlich aus, wie auf den Bildern vom DOC. Man kann sich gut vorstellen, was Matt uns erklärt hat: Sie töten teilweise einfach nur zum Zeitvertreib und nicht weil sie Hunger haben. Der Fluss ist schüchtern und lässt sich nur vereinzelt sehen. Wie ein echter Promi eben.

Kurz vor dem Ende unseres Weges fängt es zu nieseln an. An den Control Gates sitzen schon die vier deutschen Rentner und verbreiten Hektik, weil sie noch zwei Stunden warten müssten und ihr Shuttle gern eine Stunde vorverlegen wollen. Das haben sie anscheinend per WhatsApp versucht und die andere Seite hat das nach 5 Minuten immer noch nicht gelesen – so eine Frechheit. Wir müssen noch eine Stunde auf unseren Bus warten und dann säßen wir im gleichen Bus wie sie.

Eamonn und Ellie kommen auch an. Wir unterhalten uns lieber mit ihnen als mit den Rentnern, meist ist es heute aber nur albernes Zeug. Sie ziehen zu Fuß weiter in die Stadt. Wir steigen irgendwann in den Bus.

Wir erreichen Schorschel. Bevor wir losfahren klauen wir jeder noch einen Dusch- und Toilettengang im Holiday Park. Auch wenn wir keine Gäste sind, kann man die Gelegenheit nicht ungenutzt lassen. Wer weiß, was uns die nächsten Tage erwartet. Dann schorscheln wir los in Richtung Queenstown.


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