Auf dem Weg nach: Tongariro-Nationalpark

29.01.

Nach dem erfolgreichen Abschluss des Queen Charlotte Tracks stehen wir noch auf dem Parkplatz. Ich ziehe mich erstmal um und wir sortieren beide unsere Sachen einmal grob durch. Bevor wir die 5-minütige Fahrt zum Fährterminal antreten, statten wir dem örtlichen Supermarkt noch einen Besuch ab.

Als wir am Fährterminal ankommen, geht das Einchecken deutlich schneller als erwartet. Die Dame fragt aus ihrem kleinen Häuschen heraus nochmal unsere Namen ab und ob wir Tiere oder gefährliche Gegenstände dabei haben. Sie lässt uns noch wissen, dass die Fähre etwa 30 Minuten Verspätung hat. Dann gibt sie uns unser Ticket und schickt uns in Reihe 2, wo wir einfach abwarten wann sich was tut. Irgendwann setzt sich die Schlange in Bewegung – allerdings eher zäh. Bald steht der Schorschel aber (hoffentlich) sicher im Bauch der Fähre. Wir legen nur ein paar Minuten nach der geplanten Startzeit ab.

Nachdem wir auf dem Passagierdeck angekommen sind, suchen wir uns erstmal was zu essen. Für Lulu gibt es die absolut normale Kombination aus Lasagne, Pommes, Gemüse (mit weiteren Kartoffeln) und Salat. Ich dagegen esse so völlig verrückte Dinge wie Burger mit Pommes. Wir konnten zum Essen einen Platz an einem Fenster ganz vorne ergattern. Während wir durch den Queen Charlotte Sound fahren, versuche ich die Black Rock Campsite zu erspähen. Obwohl wir von dort einen freien Blick auf Picton und die ablegenden Fähren hatten, gelingt es mir nicht sie zu finden.

Als die Fähre den Queen Charlotte Sound verlässt, gehen wir raus, um ein paar letzte Blicke zurück auf die Südinsel zu werfen. Außerdem lässt sich über Steuerbord der Sonnenuntergang beobachten. Allerdings sollte man versuchen im Windschatten der Fähre zu bleiben. Vorne an der Spitze des Schiffes können wir uns vor lauter Wind kaum auf den Beinen halten.

Draußen wird es dunkel und für eine Weile langweilig. Wir suchen uns drinnen ein paar schöne Plätze. Lulu sucht sich was, wo sie den Horizont im Auge behalten kann, um besser mit dem Seegang klarzukommen. Ich suche mir einen Platz mit Steckdosen, um alles zu laden, ein paar Zeilen zu schreiben und einige Fotos des letzten Monats durchzusortieren.

Langsam kommt Wellington in Sicht, der Wind und auch der Seegang nehmen ab und wir gehen nochmal für eine Weile raus. Ich denke an meinen Großonkel, der hier etliche Male mit einem Containerschiff eingelaufen ist (Onkel Achi, falls du hier mitlesen solltest: Liebe Grüße). Für den Anlegevorgang gehen wir lieber wieder rein und lassen die Besatzung ungestört ihren Job machen. Kurz danach gibt es das Signal, dass alle zu ihren Autos dürfen.

Für heute Abend haben wir uns einen Freedom-Campingplatz mitten in Wellington ausgesucht. Wir wollen auf einen großen Parkplatz an einem Yachthafen mit öffentlichen Toiletten. Von diesem Parkplatz sind ungefähr 50 Parkbuchten zum Campen freigegeben. Die sind natürlich alle schon voll als wir um 23:30 Uhr auf den Platz rollen. Ein Schild erklärt nochmal, wo man campen darf und wo nicht. Falls alles voll ist, soll man auf gar keinen Fall einfach in einer der anderen Parkbuchten campen. Man darf sich allerdings einfach an die Straße stellen, muss dann aber am nächsten Morgen bis 8:00 Uhr weg sein. Warum es nun so viel besser ist, direkt auf der anderen Seite des Zauns an der Straße zu stehen, statt auf dem großen Parkplatz, auf dem gähnende Leere herrscht, erschließt sich mir nicht. Auch den Parkplatz könnte man ja bis 8:00 Uhr geräumt haben. Aber vielleicht bin ich einfach nur zu müde. Wir stellen uns also genau vor dem Parkplatz an die Straße und schlagen dort unser Nachtlager auf. Wir wollen ja keinen Ärger haben.

30.01.

Heute steht Wellington auf unserer Liste. Wir machen uns stadtfein, so gut das im Van und auf den öffentlichen Toiletten eben geht. Dann brechen wir auf in Richtung Miramar, einen Stadtteil von Wellington, der an der Einfahrt von der Cook Strait zur Bucht von Wellington liegt. Hier frühstücken wir zunächst in einem kleinen Café namens Pestle & Mortar. Das liegt für uns strategisch sehr günstig, denn gleich um die Ecke liegen die Weta Cave und die Weta Workshops. Hier wurden damals tausende Film-Sets, Miniaturen, Kostüme, Rüstungen, Helme, Masken, Schwerter, Elbenohren, Hobbitfüße und noch viel mehr für die Herr der Ringe-Filme (und später auch die Hobbit-Filme 😒) entworfen und hergestellt. Seitdem waren sie an etlichen großen Filmproduktionen beteiligt. Draußen vor der Tür stehen ein paar Trolle rum, drinnen befindet sich ein Shop und einige Gegenstände, die man sich kostenlos angucken kann. Wir sind aber hier für die geführte Tour. Leider dürfen wir nichts fotografieren oder filmen, da alles was hier rumsteht Auftragsarbeiten sind und Weta selbst nicht die Rechte daran hat.

Unser nächster Stopp ist heute Te Papa Tongarewa, Neuseelands Nationalmuseum in der Innenstadt von Wellington. Der Eintritt ist kostenlos, außer für ein paar Sonderausstellungen. Aber wir können uns hier die neuseeländische Tier- und Pflanzenwelt näher erklären lassen und wie die Europäer es nach ihrer Ankunft hier verbockt haben. Bei der Vorstellung der heimischen Vögel, gibt es zum Beispiel Bilder, Texte und das Gezwitscher des jeweiligen Vogels. Nur bei den bereits ausgestorbenen Arten bleiben die Lautsprecher stumm. Eine spannende Weise, auf das Problem hinzuweisen. Außerdem gibt es eine Ausstellung zu Geologie, Vulkanen und Erdbeben und warum es gerade in Neuseeland so viel davon gibt. Hier steht auch ein kleiner Erdbeben-Simulator. So richtig furchteinflößend ist der aber nicht. Als drittes sehen wir uns noch eine Ausstellung zu Neuseelands Beteiligung am ersten Weltkrieg an. Sie wird aus der Sicht von acht verschiedenen Personen erzählt, die alle als überlebensgroße Figuren vorgestellt werden. Die Figuren wurden von den Weta Workshops angefertigt. Schon beeindruckend, wie real sie aussehen mit Schweiß und Dreck auf der Haut. Viele von ihnen tragen eine Kopfbedeckung, so konnte das Setzen vieler einzelner Haare gespart werden.

Unser dritter Anlaufpunkt für heute ist der Mount Victoria, ebenfalls in Wellington gelegen. Hier wurden, quasi mitten in der Stadt, ein paar Szenen für Herr der Ringe gedreht. Wenn man sich Mühe gibt, kann man die Stelle erkennen, wo sich die vier Hobbits unter einer Baumwurzel vor den Ringgeistern verstecken. Für alles andere müsste man vermutlich genau den richtigen Blickwinkel kennen.

Das war Wellington. Wir sammeln Schorschel wieder ein und fahren in einen Vorort von Wellington namens Lower Hutt, wo wir heute in einem Holiday Park übernachten. Bevor es jedoch soweit ist, kaufen wir noch ein paar Vorräte ein. Im Holiday Park packen wir das Zelt nochmal aus und stellen es für eine Weile in die Sonne, nur um sicherzugehen, dass es wirklich trocken ist, bevor wir es für eine Weile nicht mehr nutzen. Die Leute aus dem Wohnwagen gegenüber gucken ein wenig misstrauisch, als wir nicht nur mit einem Campervan einparken, sondern zusätzlich auf einem freien Stück Wiese ein zusätzliches Zelt aufstellen. Als es trocken ist und wir es endlich wieder abbauen, macht sich bei uns ein leichtes Hüngerchen breit. Wir begeben uns auf den langen und beschwerlichen Weg ins Zentrum von Lower Hutt. Ein asiatisches Restaurant namens Dumpling World hat unser Interesse geweckt. Als wir dort ankommen hat die Dumpling World den Charme einer durchschnittlichen Imbissbude. Das Essen ist allerdings super.

Zurück gehen wir einen leichten Umweg und flanieren an der Strandpromenade entlang. Der Wind ist immer noch derselbe wie gestern. Hier können wir noch einen Blick zurück auf Wellington, die Bucht und die Einfahrt werfen, die wir gestern hochgeschippert kamen.

31.01.

Wir frühstücken im Van und brechen auf. Erst tanken und dann halten wir noch an einem Laden namens The Battery Cell. Wir haben auf den Wanderungen Leute gesehen, die ihre Geräte unterwegs per USB-Solar-Panel aufladen. Vielleicht kann man uns hier weiterhelfen. Der Herr hinter dem Schalter gibt gleich zu, dass er vermutlich nicht das hat, wonach wir suchen. Er könnte uns aber ein Panel anbieten, einen Gleichrichter und dann muss ich nur noch eine kleine USB-Box anschließen und dann könnte ich meine Geräte laden. Ich winke dankend ab. Das scheint alles etwas unhandlich zu sein und alleine der Preis für das Panel ist deutlich mehr als ich im Sinn hatte.

Unser Ausflugsziel ist heute Cape Palliser. Der Weg dorthin ist etwas abenteuerlich. Wir schleichen einen Küstenstraße mit einem Mix aus Asphalt und Schotter entlang. Immer wieder gibt es Steilhänge an denen vor Steinschlag gewarnt wird und direkt an der Küste ist die Straße auch an einigen Stellen unterspült und weggebrochen. Kurz vor dem Kap wartet auf den Besucher eine Felsformation in deren Umfeld eine Seelöwenkolonie wohnt. Sie liegen hier wirklich überall, manchmal auch da, wo wir sie nicht erwarten. Da kann sich spontan schon mal ein Stein in einen Seelöwen verwandeln oder ein Busch kann anfangen zu schnaufen. Wir schauen dem bunten Treiben eine Weile zu. Einige Seelöwen dösen einfach in der Sonne andere sind im Wasser aktiv oder robben über die Steine. Robben Seelöwen eigentlich? 🤔 Als wir genug geguckt haben, fahren wir weiter zum eigentlichen Kap, sind allerdings nicht sonderlich interessiert an ihm oder seinem Leuchtturm. Wir nutzen die Toilette und verpieseln uns wieder.

Eigentlich ist unser Programm für heute durch. Auf dem Weg zu unserem Tagesziel springt uns jedoch noch Stonehenge Aotearoa an. Wir machen einen Abstecher dahin. Die Dame am Ticketverkauf erzählt ein bisschen was. Es gibt ein Video, das wir uns ansehen können und natürlich das Stonehenge selber. Man kann hier am Sonnenstand die Jahreszeit ablesen und einen lustigen Halleffekt gibt es im Inneren auch. Soweit, so spannend. Eine wichtige Frage wird jedoch nicht beantwortet: Wieso plant und baut man sowas im 20. Jahrhundert, wo es viel genauere Messinstrumente gibt?

Endstation heute ist Alfredton Domain. Eine große Schafweide am Rande des keinen Dörfchens Alfredton. Es gibt hier auch, extra eingezäunt, einen halbverfallenen Basketball-/Fußballplatz, einen Geräteschuppen in dem diverse Dinge vor sich hin gammeln, ein etwas heruntergekommenes Sommerhaus mit Veranda und ein Klohäuschen mit fließend Wasser. Mit dem Internet ist es jedoch etwas schwierig. Nach dem Abendbrot drehen wir noch eine Runde durchs Dorf. Viel gibt’s hier echt nicht zu sehen. Am anderen Ende des Ortes gibt es direkt an der Straße ein kleines bisschen Internet. So stehen wir da und prüfen, ob irgendwas wichtiges vorgefallen ist. War bestimmt ein lustiges Bild für die wenigen Autofahrer, die in dem Moment vorbeikamen.

01.02.

Nach einem entspannten Frühstück im Van setzen wir unsere Fahrt in Richtung Napier fort. Ohne Internet die Navigation zu starten gestaltet sich als schwierig. Zum Glück ist die Auswahl an Straßen hier nicht allzu groß, sodass wir getrost erstmal losfahren können und die Navigation erst starten als das Internet sich wieder meldet.

Unterwegs kommen wir am Ort mit dem längsten Namen vorbei. Es handelt sich um einen Hügel, der eigentlich nur auf Platz zwei hinter dem zeremoniellen Namen Bangkoks liegt. Laien könnten auch annehmen, dass hier jemand mit dem Kopf auf der Tastatur eingeschlafen ist. Auf der Rückseite des Schildes ist der obligatorische Sticker „Nett hier, aber waren Sie schon mal in Baden-Württemberg?“ angebracht. Wir könnten auch noch Geld bezahlen, um den Hügel hochzulaufen, um dann wirklich an dem Ort zu sein und nicht nur an dem Schild. Verlockend geht anders und so setzen wir nach ein paar Bildern unsere Reise fort.

In Napier parken wir direkt an der Strandpromenade. Man kann hier kostenlos für zwei Stunden stehen. Warum hier Platz ist aber auf den bezahlten Parkplätzen in der näheren Umgebung alles voll ist, erschließt sich mir nicht so ganz. Wir kommen an den Sunken Gardens vorbei. Klingt spannender als es ist: Ein paar Treppenstufen unter der Strandpromenade gibt es ein paar Blumenbeete und einen Springbrunnen. Anschließend streunen wir ein wenig durch Napier. Lulu ist von der Interpretation des Art Déco hier nicht sonderlich angetan. Die Neuseeländer schaffen es einfach, vor die schönsten Gebäude die hässlichsten Vorbauten mit dem Namen des Geschäfts zu setzen oder haben mittlerweile irgendein 0815-Schaufenster einsetzen lassen, das nicht zum Rest des Gebäudes passt. In einem Icebreaker-Laden kaufe ich ein neues T-Shirt, da meine schon etwas gelitten haben. Ich muss wohl demnächst etwas vorsichtiger sein oder zusätzliches Budget für T-Shirts einplanen. Die Cafés haben sich gegen uns verschworen und alle schon zu (oder sehen nicht besonders einladend aus). Wir landen letztendlich in einem Starbucks und wollen die Getränke am Strand trinken. Es muss der langsamste Starbucks der Welt sein und obwohl wir mindestens 6 verschiedene Angestellte sehen, kümmert sich nur einer von ihnen um alles gleichzeitig. Als wir endlich unsere Getränke in der Hand halten, haben wir nur noch 20 Minuten bis wir das Auto von seinem Platz bewegen müssen. Wenn wir ein paar Minuten überziehen ist das vermutlich auch nicht schlimm. Also also genießen wir den steinigen Strand, bevor wir weiter müssen. Uns fällt auf, dass die Wellen hier merkwürdig von unten nach oben brechen.

Bevor wir uns auf die 30-minütige Fahrt zum Waipatiki Holiday Park machen, müssen wir noch ein wenig einkaufen. Wir fahren ein Stück auf dem Highway in Richtung Osten und biegen dann auf eine schmale Straße zur Küste ab, die unserem guten alten Schorschel noch etwas Kampfeswillen abverlangt.

Der Platz ist in Terrassen angelegt, sodass eigentlich jeder einen ganz brauchbaren Blick auf die Bucht und den Strand haben kann. Den suchen wir nochmal auf und machen einen Spaziergang zum Sonnenuntergang. Leider ist der kleine Wasserlauf ein bisschen im Weg, sodass man einen Umweg nehmen müsste, um an den Strand zu kommen. Oder man zieht sich Schuhe und Socken aus und watet hindurch. Letzteres ist unsere Lösung für das Problem. Als wir genug geguckt haben und uns der Hunger plagt, begeben wir uns zurück zum Platz, sammeln unser Kochgeschirr ein und gehen zum Kochen in die Gemeinschaftsküche. Die hat einen Außen- und einen Innenbereich. Wir kochen und essen draußen.

02.02.

Heute ist für uns Ruhetag. Nach dem Frühstück im Van mit Blick auf die Bucht führt unser Weg zur Rezeption. Wir brauchen Münzen für die Waschmaschine und den Trockner. Außerdem gibt’s in der Außenküche große Kühlschränke. Die darf man aber nur nutzen, wenn man sein Kühlgut in eine Plastikwanne stellt und die dann mit Namen, Parzellennummer und Abreisedatum beschriftet. Gegen ein Pfand von fünf Dollar kann man so eine Wanne leihen. Finden wir gut, denn unser Kühlschrank funktioniert nur, wenn wir über den Tag ein paar Stunden gefahren sind. Einfach nur den Motor laufen zu lassen, mögen die Nachbarn vermutlich nicht.

Apropos Nachbarn… Auf der einen Seite taucht eine Dame auf. Sie fragt ob sie ihr Auto teilweise auf unserer Parzelle stehen lassen darf, so ist ihr Zelt besser vor dem Wind geschützt. Und was für ein Palast von Zelt sie hat. Ich frage nach, ob das komplett für sie allein ist. Sie lacht. Es werden noch ein paar Freunde von ihr dazustoßen. Damit erscheint die Größe des Zelts gerechtfertigt. Es dauert auch nicht lange, dann steht noch ein zweites Fremdauto auf unserer Parzelle. Die Dame aus diesem Auto entschuldigt sich auch gleich. Sie will nur kurz was ausladen, dann parkt sie um. Ich entgegne ihr, das alles ok ist, so lange wir eine Schneise haben, in der wir um unseren Van herumlaufen und alle Türen benutzen können.

Auf der anderen Seite taucht ein vollbepackter Campervan auf. Drinnen ist eine Familie mit zwei Kindern. Die bieten beste Unterhaltung. Der Vater ist stundenlang damit beschäftigt Dinge von links nach rechts und wieder zurück zu sortieren und nochmal wenden und nochmal andersrum.

Beim Abendbrot fragt uns ein älterer Herr, ob wir auch für den Rettungsschwimmer-Cup am Wochenende hier sind. Nein, sind wir nicht. Unser  Plan hat auch leider nicht so viel Spielraum, dass wir hierbleiben könnten. Wir unterhalten uns mit dem Pärchen noch eine Weile über Gott und die Welt, während sie abwaschen und unser Abendbrot vor sich hin köchelt.

Der Handyempfang ist gut. Deshalb machen wir heute einen Filmeabend. Zu dem Zweck kutschieren wir schon seit ein paar Tagen eine Tüte Popcorn durch die Gegend. Die wird heute geschlachtet. Zu sehen gibt es in unserem kleinen Van-Kino „Everything. Everywhere. All at once.“ Ich döse irgendwann ein. So ein Tag Nichtstun und Nachbarn-Beobachten ist auch anstrengend.

03.02.

Wir frühstücken im Van. Die Familie nebenan gibt wieder alles. Die Kinder schreien rum, dass sie nicht essen wollen oder nicht ihr Essen, sondern das vom Geschwisterkind. Irgendwann schreit die Mutter auch rum. Der Vater steht draußen und brutzelt Eier, Speck und kocht Kaffee. Als er fertig ist und alles reinreicht, kriegt er einen Anschiss, wie er so ruhig bleiben kann, wenn alle einen Nervenzusammenbruch haben. Unterhaltung auf höchstem Niveau (als Außenstehender). Leider müssen wir irgendwann abreisen.

Wir fahren weiter gen Osten. Machen aber einen Abstecher vom Küsten-Highway ins Landesinnere. Die ersten paar Kilometer sind ganz gut. Dann hört der Asphalt auf und geht in eine Schotterstraße über, die sich durch die Berge und Täler windet. Der Wind bläst kräftig und es regnet immer wieder. Bloß vorsichtig fahren… Wenn hier was passiert, gibt’s kein Handynetz und wir müssten den Satelliten-Messenger bemühen. Unser Ziel sind die Aniwaniwa Falls. Dieser Wasserfall liegt direkt an der Straße. Ein Weg bringt uns in zehn Minuten vom Parkplatz vorbei am Wasserfall bis an dessen Fuß. Hier sehen wir uns etwas um und lauschen dem Tosen. Vom Wind ist hier nichts zu merken und sogar die Sonne lässt blicken. Dann gehen wir den Weg wieder zurück. Lulu findet unterwegs Gefallen an ein paar Pilzen und macht Fotos.

Direkt gegenüber startet der Lake Waikareiti Walk. Davor hängt allerdings ein Schild, das von Sperrungen redet. Ob die Hütten am Weg oder nur eine Hütte oder der komplette Weg gesperrt ist, geht nicht so ganz genau aus dem Schild hervor. Wir lassen diese  mehrstündige Wanderung lieber aus. Stattdessen machen wir uns auf den Rückweg in Richtung Küste. Unterwegs sind wir an einem kleinen Campingplatz in Rosie’s Bay vorbeigekommen. Hier könnten wir Pause machen. Vielleicht auf einer Bank. Vielleicht könnte man auch ein Heißgetränk zu sich nehmen. Der Wind pfeift jedoch so stark, dass wir nur kurz gucken, jeder einen Keks im Van in uns reinmuffeln und weiterfahren.

Irgendwann erreichen wir endlich wieder richtige Straße. Das heißt für Schorschel auch, dass er die schlimmsten Anstiege überstanden hat. Drei Männer fahren mit einem kleinen Bagger in die gleiche Richtung wie wir. Was machen die denn hier draußen? Die arbeiten bestimmt auf irgendeiner Farm oder so. Zwei Kilometer weiter finden wir noch raus, was sie im Schilde führen. Ein dicker Ast liegt quer auf der Straße. Ein entgegenkommendes Auto quetscht sich über den Grünstreifen neben der Straße an dem Ast vorbei. Er sitzt im Auto und sie darf draußen noch ein paar grobe Brocken beseitigen. Ich begutachte den Grünstreifen auch mal. Scheint nicht zu schlimm zu sein und die Frau aus dem Gegenverkehr hat ganze Arbeit geleistet. Da sollten wir selbst mit unserem Van dran vorbeikommen.

Ein kleiner Parkplatz hinter Gisborne ist unser Ziel für heute. Dort sind ein paar Stellplätze fürs Freedom-Campen freigegeben. Der Parkplatz bietet eine öffentliche Toilette und liegt direkt an einem breiten Sandstrand. Wir haben Glück, denn es sind noch ein paar Plätze frei. Als wir dort eine Weile stehen, hauen immer mehr andere Vans wieder ab. Sollte uns das beunruhigen? Bestimmt nicht. Erstmal Abendbrot kochen und dann noch einen Strandspaziergang machen. Der Wind sandstrahlt uns. Uns fröstelt ein wenig aber andere nutzen dieses „wunderschöne“ Wetter, um ein Babybauchshooting in Bikini und einem Tuch zu machen. Wiederum andere drehen mit ihren Autos Donuts im Strandsand. Ich gehe schon mal zurück in den Van, Lulu führt noch ein paar Telefonate am Strand, weil da der Empfang besser ist.

04.02.

Wir frühstücken in aller Ruhe im Van mit Blick auf den Strand. Es gibt hier keine Zeit, bis zu der wir den Platz geräumt haben müssen. Eigentlich ist bestes Wetter, aber es ist immer noch recht windig. Wir fahren direkt zum nächsten Campingplatz bei Te Araroa. Beim Einchecken gönnen wir uns gleich noch ein Eis und dann suchen wir uns ein schönes Plätzchen im Schatten.

Man kann den Zeltplatz in Richtung Strand verlassen. Der Weg führt über eine Kuhweide, aber die Kühe sind alle weit weg. Außerdem wird uns ein kleiner Bach und eine rostige Brücke darüber geboten. Am Strand versuchen sich ein paar Surfer. Ansonsten ist er voll mit Treibholz und diversen Vögeln. Wenn wir von hier aus auf einem Jetski gen Osten aufbrechen würden, wäre der nächste Halt Chile. Mal sehen, ob wir es in den nächsten 10-12 Monaten dahin schaffen. Nach diesem überaus anstrengenden Tag, dösen wir erstmal ein Stündchen im Van. Ein einsamer Camper mit Zelt taucht auf. Ansonsten scheinen hier nur die Dauergäste anwesend zu sein. Alles fühlt sich recht einsam an. Ist die Saison hier schon vorbei oder gibt es in diesem verschlafenen Nest gar keine Saison?

Abendbrot gibt es in der Gemeinschaftsküche. Der einsame Camper taucht auf und sucht trinkbares Wasser. Aber selbst hier in der Küche sind alle Wasserhähne mit „Vor Verzehr abkochen“ beschriftet. Das versucht er. Doch als er das kochende Wasser in seine Flasche füllt, schrumpelt sie zusammen. Dann ist er wieder weg. Der Gedanke, ihm etwas von unserem Wasser anzubieten, kam uns leider erst als er schon weg war. Er taucht nochmal auf mit einer neuen Flasche, die er im Kiosk an der Rezeption gekauft hat. Es erscheint noch ein weiterer Gast in der Küche. Gegessen hat er anscheinend schon, ihm fehlt noch der Abwasch. Dafür hat er auch seinen Hund dabei und das, obwohl draußen an der Küche und auch in der Küche überall Zettel hängen „Keine Haustiere in der Küche“. Sollen sie mal machen, sie sind ja weit weg von uns.

Als es dunkel ist, gucken wir noch ein bisschen in den Sternenhimmel. Dann geht’s aber früh ins Bett, denn morgen müssen wir früh aufstehen.

05.02.

Gegen 6:20 Uhr soll Sonnenaufgang sein. Also klingelt unser Wecker um 5:45 Uhr, denn wir müssen ja noch über die Kuhweide. Diesmal sind die Kühe auch etwas näher. Um genau zu sein, sind sie mitten im Weg. Da eine Kuh mit einem säugenden Kalb darunter ist, schlagen wir einen etwas größeren Bogen ein. Man weiß ja nie, wie die so reagieren. Um kurz nach sechs sitzen wir im Strandsand und gucken gen Osten. Wir sind fast am östlichsten Punkt Neuseelands und sehen einen der frühesten Sonnenaufgänge der Welt. Auf die 45 Minuten Fahrt zum East Cape hatte ich so früh definitiv keine Lust. Trotz der Landzunge im Weg, fühlt es sich besonders an, zu dieser Zeit an diesem Ort zu sitzen.

Nach unserem Frühstück mit Besuch von der Campingplatzkatze (Lulu ist erstmal beschäftigt), fahren wir dann doch noch zum East Cape. So wie sich die Straße präsentiert, bin ich froh, dass ich sie nicht im Dunkeln fahren musste. Es ist wieder eine der schönen, unbefestigten Küstenstraßen, die teilweise einspurig ist und wo teilweise Stücke der zweiten Spur ins Meer gefallen sind. Es gibt auch ein paar Schafe, die es irgendwie auf die falsche Seite der Weidebegrenzung geschafft haben. Am East Cape wird die Entscheidung nicht zum Sonnenaufgang herzufahren nochmal bestätigt. Der Weg den Berg rauf zum Leuchtturm ist gesperrt, aufgrund von Wetterschäden. Wir hätten von hier also gar keinen Sonnenaufgang sehen können.

Wir fahren die Ostküste weiter rauf in Richtung Norden. Unterwegs gibt es ein paar Dinge zu sehen: Aus der Kategorie „Kurioses“ können wir von Briefkästen am Straßenrand berichten, die in ihrem vorherigen Leben mal Mikrowellen waren und am liebsten in Rudeln von drei bis sechs Exemplaren vorkommen. Außerdem erspähen wir am Horizont White Island/Whakaari. Neuseelands aktivste Vulkaninsel, die im Prinzip ständig vor sich hin dampft und qualmt. So tut sie es auch heute, lässt sich mit unserem Equipment allerdings nur begrenzt einfangen. Bis zu einem Ausbruch im Jahre 2019 konnte man noch Ausflüge per Boot oder Helikopter auf die Insel machen.

Unser Campingplatz heißt heute Awakeri Hot Springs. Wer dabei an Wasserlöcher am Berghang denkt, liegt falsch. Die Hot Springs sind einfach nur zwei warme Pools auf dem Gelände. Die Einrichtung ist schon vom älteren Schlag. Aber wenn man das warme Wasser aufdreht, egal ob am Wasserhahn oder an der Dusche, riecht es nach Schwefel. Das muss der Grund für den Namen sein.

Bei der Zubereitung des Abendbrots kommen zwei ältere, beleibte Herren dazu. Sie könnten auch eine Tenacious D-Cover-Band gründen. Jeder von ihnen brät sich ein Steak. Ich bin ein bisschen neidisch auf die beiden, weil es bei uns mal wieder Nudeln gibt.

06.02.

Heute führt uns unsere Reise erstmal nach Rotorua. Erster Stopp ist ein Wald mit Mammutbäumen. Hier gibt es einen Parcours aus Hängebrücken, der von Baum zu Baum eine kleine Runde durch den Wald führt. Nebenbei gibt es ein paar Fakten zu den Bäumen und zu Neuseelands Forstwirtschaft.

Nächster Halt ist die Innenstadt von Rotorua. Es riecht nach der Dusche von gestern Abend.  Das liegt vermutlich an den dampfenden und blubbernden Seen und Löchern, die hier Teil des Stadtparks sind. Der See steht höher als bei meinem ersten Besuch im Jahr 2016. Der eine Aussichtspunkt steht halb unter Wasser und der Steg, der quer rüber führte, ist schon komplett abgesoffen und dementsprechend gesperrt.

Wir stocken in Rotorua noch unsere Vorräte auf und setzen die Fahrt in Richtung Süden fort. Kurz vor Taupo stoppen wir an den Huka Falls. Zuerst halten wir am Aussichtspunkt und dann nochmal direkt am Wasserfall. Es strömen Unmengen an Wasser, das in diversen Cyantönen leuchtet, durch die schmale Schlucht. Aber anscheinend ist Baden-Württemberg mal wieder schöner. Als wir fast schon fertig sind, tauchen ein paar Wildwasser Rafter am oberen Ende der Schlucht auf. Jetzt gaffen wir natürlich noch. Nachdem es der letzte heil nach unten geschafft hat, können wir beruhigt weiterfahren.

Wir stoppen außerplanmäßig am McDonald’s in Taupo. Lulu hat unterwegs von McNuggets geredet. Nu hab ich Lust auf irgendeine kleine McDonald’s Schweinerei. Als ich davor einparke, ist Lulu ein wenig überrascht. Sie hätte zu ihren Nuggets gern Ketchup und zu den Pommes aus meinem Menü nehmen wir auch noch Ketchup. Als wir das Essen kriegen, liegen in der Tüte bestimmt zehn Ketchup-Tütchen. Entweder meinte es jemand sehr gut mit uns oder hat heute einfach seinen passiv-aggressiven Tag. Die Filiale liegt strategisch günstig unweit des Ufers von Lake Taupo, dem größten See des Landes, sodass wir hinterher noch einen Verdauungsspaziergang an der Promenade machen können.

Danach begeben wir uns auf den letzten Teil unseres heutigen Weges, zur Mangahuia Campsite im Tongariro-Nationalpark. Dafür quälen wir den armen Schorschel nochmal ein wenig, um auf das zentrale Vulkanplateau der Nordinsel, rund um Mount Tongariro, Mount Ruapehu und Mount Ngauruhoe zu kommen. Die Straße führt uns an den dreien vorbei und gewährt uns erste Blicke auf das, was uns die nächsten vier Tage erwartet. Auf dem kleinen Campingplatz gibt es Plumpsklos und kaltes Wasser, das aber nicht unbedingt zum direkten Verzehr geeignet ist. Wir bereiten unsere Ausrüstung für die anstehende Wanderung vor und essen noch einen ganz kleinen Happen.