Auf, auf und davon

Weihnachten ist so gut wie vorbei. Noch etwas mehr als ein Tag und unser großer Trip geht los. Noch sind wir bei meiner Schwester, essen die Reste der Vortage und es zeichnet sich leider ab, dass meine Eltern aus gesundheitlichen Gründen nicht zum Winken am Flughafen sein können. Also verabschieden wir uns abends schon auf dem Flur meiner Schwester. Meine arme Mama hat ein bisschen Pipi in den Augen.

Der große Tag ist da. Um halb acht klingelt der Wecker, da ich noch einen frühen Frisörtermin ergattern konnte. Man will ja nicht wie der letzte Strauchdieb auf Reisen gehen. Zuerst gibt es aber ein merkwürdiges Frühstück, mit allem was noch so im Haus ist: Instant Kaffee, fünf Brötchen aber nur ein kleiner Rest Butter, ein kleiner Rest Ketchup, eine Scheibe Käse aber noch ein recht großes Stück Parmesan und Marmeladenreste von Luisas Oma. Für unterwegs werden auch schon mal zwei Brötchen geschmiert: Eins mit Butter und Marmelade und eins mit Ketchup und Parmesan in Scheiben.

Halb neun ist erstmal der Frisör dran. Danach müssen noch die letzten Kleinigkeiten eingekauft werden. Es folgt eine Hausputz-Session: Küche, Bad, Toilette, Betten haben wir schon abgezogen und die Bezüge drehen sich munter in der Maschine, die Handtücher warten noch bis sie später auch an der Reihe sind, alle Räume einmal saugen. Die letzten persönlichen Dinge ins Lagerzimmer räumen. Zwischendurch Mittag mit TK-Lasagne. Alle Geräte nochmal laden. Mit den Eltern telefonieren. Die letzten Beutel mit Müll runtertragen. Nochmal prüfen, ob die wichtigsten Dinge im Gepäck sind.

Unser Gepäck für den Trip besteht aus zwei Wanderrucksäcken, zwei kleineren Rucksäcken und einer Bauchtasche, hauptsächlich für die Dokumente. Mein Teil des Gepäcks bringt insgesamt 23,15 Kilogramm auf die Waage. Davon entfallen 14,7 kg auf den Wanderrucksack, 3,9 kg auf den kleinen Rucksack, 850 g auf die Bauchtasche und den Rest trage ich direkt am Körper.

Und dann ist der Moment da: Alles ist gepackt, alles ist getan und wir ziehen für lange Zeit zum letzten Mal die Tür unserer Wohnung hinter uns zu. Direkt danach folgt noch im Treppenhaus ein panisches Abklopfen, ob man auch wirklich alles hat. Draußen noch ein letzter Blick zurück und die Reise beginnt.

Mit dem Bus und der S-Bahn fahren wir zunächst bis Ohlsdorf. Dort wartet schon meine Schwester mit drei kleinen Sektfläschchen (allerdings alkoholfrei). Zusammen hopsen wir in die nächste S-Bahn und fahren zum Airport.

Beim Schlangestehen für die Gepäckaufgabe köpfen wir schließlich die Sektflaschen, Lulu hat ein prickelndes Erlebnis und wässert mit ihrer Flasche ein wenig den Warteschlangenbereich. Als wir dran sind, scheint die gute Dame hinter dem Schalter etwas überfordert zu sein: Wir erklären ihr zuerst, dass wir nicht nur bis Sydney fliegen wollen, sondern danach noch bis Christchurch (der Flug Sydney–Christchurch hat die gleiche Flugnummer hat wie der Flug Dubai–Sydney). Dafür muss sie mit Kollegen telefonieren und händisch irgendwas im System anpassen. Dann sollen wir ein Visum für Australien vorlegen, obwohl wir im Transitbereich bleiben werden. Nachdem wir ihr erklären, dass wir nicht länger als zwei Stunden dort bleiben, geht’s auch ohne. Dann wird unser NZeTA geprüft und wir müssen mittels Flugtickets nachweisen, dass wir innerhalb von 90 Tagen Neuseeland wieder verlassen werden. Alles scheint OK zu sein, nun noch die Barcodes am Gepäck befestigen. Wir haben unsere Wanderrucksäcke in Schutzsäcken verpackt, die oben zugerollt und zugeschnappert werden.
„Haben Sie keine seitlichen Griffe an Ihrem Gepäck?“
„Nein, nur die eine Schlaufe oben.“
„Hmmm… Dann muss es wohl auch so gehen…“
Das gibt uns natürlich absolutes Vertrauen in das Gepäcksystem und lässt uns hinterfragen, ob wir auch tatsächlich mit Gepäck in Christchurch ankommen.

Dann kommt der Abschied von meinem kleinen Mops. Damit sind wir nur noch zu zweit und nach erneutem Schlangestehen passieren wir die Sicherheitskontrolle. Danach gehen wir unsere Wasserflasche auffüllen und aufs Töpfchen, bevor wir die Passkontrolle hinter uns bringen und 30 Minuten bevor das Boarding beginnt auf einen Sitz niederlassen und die Restebrötchen essen.

Im Flieger nach Dubai wird anscheinend ein Treffen der Anonymen Huster, Nieser und Schniefer abgehalten. Da keiner von denen eine Maske trägt, weder Kinder noch Erwachsene, setzen wir mal vorsichtshalber Masken auf. Keine Ahnung ob das hilft, aber es beruhigt ein bisschen. Als wir in den Landeanflug gehen wollen, liegt Dubai in dichtem Nebel, wodurch sich anscheinend der komplette Betrieb des Flughafens verlangsamt und wir noch ein paar Schleifen über dem Persischen Golf drehen müssen. Schließlich landen wir mit einer knappen Stunde Verspätung.

Da wir gerade aus einem Flieger steigen und absolut gefährliche Gegenstände bei uns haben könnten, müssen wir erstmal durch eine Sicherheitskontrolle, bevor wir uns auf den Weg zum Anschluss-Terminal machen können. Dieser besteht aus etwas Fußweg und einer Fahrt mit der Flughafen-U-Bahn zum Terminal A. Als wir dort ankommen, sagt die Anzeigetafel, dass der Flieger nach Christchurch eine Stunde Verspätung hat. Also sitzen wir unsere Zeit ab, bis das Boarding beginnt. Bei der Gelegenheit ließ sich mein Boarding-Pass trotz mehrfachen Anläufen nicht lesen und ich musste bei einer Emirates-Angestellten Boarding-Pass, Reisepass und NZeTA vorzeigen, woraufhin sie mich an den elektronischen Gates vorbeigeschleust hat. Danach befanden wir uns in der nächsten Wartehalle mit der nächsten Sicherheitskontrolle, was bedeutet dass wir unsere Wasserflaschen nochmal leeren mussten, nur um sie nach der Kontrolle wieder am Wasserspender aufzufüllen. Die Sicherheitskontrolle selbst wirkte aber eher unmotiviert. Bis alle Gäste in der Wartehalle waren und das eigentliche Boarding des Fliegers losgehen konnte, verging noch eine Stunde. Als dann endlich alle auf ihren Plätzen saßen und es eigentlich losgehen könnte, macht der Captain die Ansage, dass für die nächsten 45 bis 60 Minuten kein Startslot frei sei und wir solange einfach auf die Freigabe der Flugleitung warten müssen. Wir starten also letztendlich mit 3-4 Stunden Verspätung auf die nächste Etappe.

Da im zweiten Flieger deutlich weniger Husten und Niesen zu hören ist, beschließen wir, dass wir für die 12 Stunden keine Maske aufsetzen. Eine Sache weniger die nervt. Dafür kann uns allerdings niemand sagen, ob in Sydney alle Passagiere den Flieger verlassen müssen oder nur die, die in Sydney bleiben. Um uns die Zeit zu vertreiben, fressen wir uns durch jede Mahlzeit, die serviert wird, gucken jeden Film aus dem Board-System, der interessant klingt, lesen ein wenig und das Schlafen klappt auf dieser Strecke auch ganz gut. Kurz vor Sydney werden Karten verteilt, die für die Einreise nach Australien benötigt werden. Darauf stehen die üblichen Fragen: Wer bist du? Was ist in deinem Gepäck? Wie lange willst du bleiben? In der einen Hälfte des Fliegers werden die Karten nur an diejenigen ausgeteilt, die tatsächlich in Australien bleiben wollen. In unserer Hälfte kriegt jeder so ein Kärtchen. Ob wir die auch ausfüllen müssen, wenn wir nur im Transitbereich bleiben, kann uns dann natürlich wieder niemand genau sagen. Ich fülle meine aus, habe ja schließlich sonst nix zu tun. Lulu streikt (Spoiler: Sie sollte Recht behalten).

In Sydney müssen also alle raus, weil die Crew wechselt und für alle neuen Gäste der Flieger gereinigt wird, der nach 12 Stunden aussieht wie ein Schlachtfeld. Natürlich erwartet uns mal wieder eine Sicherheitskontrolle. Diesmal wird darauf hingewiesen, dass Stiefel bitte auszuziehen sind. Da wir beide den Platz im Rucksack möglichst sinnvoll nutzen wollen, haben wir unsere Wanderstiefel an den Füßen und die normalen Schuhe eingecheckt. An jeder Sicherheitskontrolle immer mal was Neues machen müssen hält frisch im Kopf.

Auf der letzten Flugstrecke wird vor Westwinden und daraus resultierenden Turbulenzen gewarnt. Wer vorher noch die Toilette aufsuchen möchte, solle das bitte JETZT tun. So dramatisch wie die Ansage klang, wurde es dann zum Glück nicht. Das Flugzeug macht ein paar Hopser, wackelt ein bisschen und setzt bei der Landung etwas unsanft auf.

Nachdem wir den Flieger verlassen haben, begrüßen uns noch vor allen anderen zwei Stände mit SIM-Karten für Touristen. Da wir uns noch im Duty-Free-Bereich befinden, sparen wir außerdem auch noch 28 NZD (ca. 16 €). Ganz hervorragend, denn so können wir später mühelos zur Ferienwohnung navigieren. Als nächstes folgt die Passkontrolle. Mit einem deutschen Pass darf man zur automatisierten Kontrolle und muss theoretisch dabei mit niemandem reden. Mein Pass brauchte allerdings drei Anläufe, weshalb mir irgendwann eine nette Dame vom Zoll zur Seite stand. Im nächsten Schritt wurde ermittelt in welche Schlange wir bei der Bio-Security-Prüfung müssen. Dazu reden wir mit einem netten Herren, der aber nicht so richtig interessiert wirkt an dem, was wir zu sagen haben. Erst danach kommen wir zum Kofferband. Hier läuft schon eine Dame auf und ab und beruhigt die Wartenden, dass noch ein zweiter Schwung Koffer kommen wird und niemand Angst um sein Gepäck haben muss. Als wir unser Gepäck endlich haben, stellen wir uns an die Schlange, die uns der Bio-Security-Beamte zugewiesen hat. Dort treffen wir auf eine weitere Beamte, die sich unseren ausgefüllten Zettel mit den Anmerkungen vom ersten Beamten anguckt. Wir beantworten ihr ein paar Fragen und sie uns ebenso. Dann schickt sie uns zum Durchleuchten des Gepäcks, wo jeder durch muss. Dann haben wir es geschafft. Wir sind offiziell in Neuseeland angekommen.

Als wir draußen nochmal unseren Krempel sortieren, spricht uns ein Spanier an. Er muss mal für kleine Spanier, ob wir kurz auf seine Sachen aufpassen könnten, die quer über einen großen Tisch mit Steckdosen und USB-Buchsen verteilt sind? Deutschen kann man schließlich vertrauen. Wer uns so Honig um den Bart schmiert, auf dessen Sachen passen wir natürlich gern auf. Außerdem brauchen wir sowieso noch einen Moment. Als Dank erhalten wir zwei Dosen Cola. Auch der Busfahrer ist überaus nett. Er erklärt z.B., dass wir dem nächsten Bus zuwinken müssen, sonst fährt er einfach an uns vorbei und dass wir unsere Tickets auch noch für den zweiten Bus nutzen können.

In unserer Ferienwohnung begrüßen uns ein Gästebuch, eine handschriftliche Notiz und selbstgebackener Kuchen. Da fühlt man sich doch gleich willkommen. Unsere Gastgeberin hatte leider keine Zeit mehr uns persönlich in Empfang zu nehmen, nach unserer dreistündigen Verspätung. Dafür streunte uns die flauschige Nachbarskatze um die Beine. Wir gehen noch etwas Essen und zum nächstgelegenen Supermarkt und beginnen danach relativ bald, den Jetlag wegzuschlafen.


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