Whanganui River Journey

Tag 1 – 12.02.

Unser Bus in Richtung Whanganui River fährt heute um 7:30 Uhr. Alle Fahrgäste sollen sich deshalb bereits um 7:00 Uhr am Sammelpunkt einfinden. Da Kanu-Verleih und Zeltplatz aus derselben Hand kommen, bedeutet das für uns, dass wir nur den Weg zur Rezeption schaffen müssen. Unser Wecker klingelt um kurz vor sechs, damit wir vorher noch frühstücken, die letzten Sachen packen und Schorschel umparken können. Das ist viel zu früh. Außerdem ist es mit nur 3°C auch noch viel zu kalt. Zu allem Überfluss wird eine größere Gruppe (8 Personen) mit uns reisen, die natürlich erst nach 7:00 Uhr auftaucht und dann erstmal anfängt, ihre Sachen zu sortieren und zu packen. Wozu sind wir eigentlich so früh aufgestanden? Wir schnappen uns noch einen der kleinen Geräte-Koffer und packen dort alles rein, was wir unterwegs nutzen wollen, ohne die Fässer öffnen zu müssen. Also hauptsächlich Knabberkrams, Sonnencreme und Hüte. Elektronische Geräte kommen nicht in unseren Koffer. Das ist Punk!

Irgendwann sind wir tatsächlich im Bus unterwegs nach Whakahoro, dem Start unserer dreitägigen Paddeltour den Whanganui hinunter. Ich sehe mal wie es ist, wenn man nicht die ganze Zeit auf die Straße achten muss, sondern auch mal ein bisschen die neuseeländische Landschaft genießen kann. Wie es ist, wenn das Gefährt nicht direkt bei der kleinsten Steigung einbricht, erleben wir hier auch zum ersten Mal. Lulu gehts nicht besonders gut. Erst muss sie so früh schon essen und dann schlängelt der Bus noch etwas ruppig über Hügelkuppen und um enge Kurven.

Nach einiger Zeit, die sich deutlich länger anfühlt als erwartet, sind wir da. Alle dürfen an den Toiletten aussteigen und bei Bedarf sogar nutzen. Der Bus fährt schon mal runter zum Fluss. Als wir unten ankommen, helfen wir dabei die Kanus vom Anhänger zu ziehen und ans Flussufer zu legen. Jedes Kanu kriegt ein Seil, eine Pütz und eine Karte. Zur Ausrüstung gehören pro Kanu außerdem drei Paddel: Ein kürzeres für den vorderen Platz und zwei längere, wovon eins für den Steuermann und eins als Ersatz gedacht ist. Einige Kanus haben Rückenlehnen als Upgrade, das man vorher buchen konnte. Wir schnappen uns einfach das erste Kanu und legen unsere Fässer davor. Der Busfahrer erklärt, wie die Fässer am besten vertäut werden und wo und wie man am besten Seil, Pütz, Karte und Ersatzpaddel anbringt. Die Erklärungen finden an unserem Kanu statt, damit sind wir erstmal durch mit der Einrichtung und alle anderen dürfen ihre Kanus präparieren.

Als alle fertig sind, gibt es noch eine Sicherheitseinweisung. Rettungswesten sind sie ganze Zeit zu tragen. Falls der Fluss deutlich anschwellen sollte oder sogar Bäume hinabtreiben sollten, sollen wir auf dem nächstbesten Campingplatz anhalten. Ähnliches gilt, wenn der Wasserspiegel in kurzer Zeit deutlich absinken sollte. Falls wir uns bereits auf einem Campingplatz befinden sollten, liegt es am Ranger einzuschätzen, ob die Weiterreise sicher ist. Für zusätzliche Miettage, die dem Wetter geschuldet sind, müssen wir nicht zusätzlich zahlen. Uns wird auch erklärt, wie wir unser Kanu am Abend anbinden sollen. Des weiteren werden ein paar Steuerschläge erklärt. Lulu und ich gucken uns etwas fragend an, weil wir sie nicht verstanden haben. Ich, als unser Steuermann, werde wohl einfach bei meinem üblichen Repertoire bleiben. Während wir unterwegs sind sollen wir besonders auf zwei verschiedene V-Formen im Wasser achten: Wenn es mit der Spitze auf uns zeigt, sollen wir es weiträumig umfahren. Das bedeutet nämlich, dass irgendwas unter Wasser ist, was uns gefährlich werden könnte, z.B. ein Ast, Baumstamm, Stein oder Ähnliches. Wenn es mit der Öffnung auf uns zeigt, sollen wir möglichst genau auf die Spitze zuhalten. Dann handelt es sich nämlich um eine Stromschnelle und in der Mitte haben wir am längsten ruhiges Fahrwasser. Eigentlich ganz einfach zu merken: Will es dich wie ein Trichter einsammeln, lass es ruhig. Kommt es wie ein Schneepflug auf dich zu, halte lieber Abstand. Im Schnelldurchlauf werden auch noch die schlimmsten Stellen genannt und was dort zu tun ist. Merken können wir uns das allerdings nicht. Zum Glück gibts neben der Karte auch noch ein paar Seiten Paddelführer, wo die besondere Passagen nochmal beschrieben sind. Insgesamt ist die Einweisung des anderen Paddelverleihs allerdings deutlich hilfreicher. Da werden die wichtigsten Dinge sogar auf dem Wasser vorgeführt.

Es ist mittlerweile kurz nach 11 Uhr. Die Einweisung ist durch. Wir können endlich los. Vor uns liegen noch knappe 37 Kilometer, bis wir die John Coull Campsite erreichen werden. Im letzten Sommer haben wir eine Paddeltour gemacht, die insgesamt 55 Kilometer in drei Etappen umfasste. Heute also 37 Kilometer auf einmal. Lulu nimmt Platz. Ich schiebe das Kanu ein Stück weiter ins Wasser, hopse selbst rein und wir sind unterwegs. Mit dieser Strömung fährt und steuert es sich doch etwas anders, als wir es bisher so kannten und müssen uns erstmal unseren Rhythmus neu finden. Lulu sitzt vorne im Ausguck und berichtet einige der bösen Vs und Dinge, die aus dem Wasser gucken, sodass ich als Steuermann versuchen kann uns drum herum zu schiffen. Nach ungefähr einem halben Kilometer kommt die erste kleine Schnelle. Also rüber auf die richtige Seite des Flusses wechseln, Boot so ausrichten, dass wir in die Spitze des Vs steuern und immer kräftig weiterpaddeln. Richtig steuern kann man nämlich nur solange, wie das Boot schneller als das Wasser ist, in dem es schwimmt.

Nach etwa einer Stunde setzen wir unser Kanu auf eine Steinbank am linken Flussufer. Die Sonne brennt mittlerweile ins Tal des Whanganui Rivers. Wir brauchen erstmal eine kleine Pause. Sonnencreme auftragen, Snacks und Wasser in den Körper pumpen und dann gehts weiter. Immer wieder gibt es links, rechts und in der Mitte irgendwelche Hinternisse. Immer wieder durchpaddeln wir kleinere und größere Stromschnellen. Der Strom gibt uns zwar einen gewissen Vortrieb, aber die ständig nötigen Korrekturen kosten Kraft. Lulu wird kreativ bei der Benennung der Hindernisse: Ein Holzhaufen wird zur Biberburg. Große Holzhaufen heißen Biberpalast. Komische Felder aus Ästen und Baumleichen heißen Bibermassaker. Zweieinhalb Stunden nach der ersten Pause setzen wir unser Kanu wieder an Land. Eine kleine Steinbank, ein bisschen Sand und eine Kluft mit einem Wasserfall laden zum Verweilen ein. Dazu gibt es ein paar mehr Snacks und Wasser, bevor wir uns auf den letzten Abschnitt für heute machen.

Wenn man sein Steuerpaddel verliert, es aber keiner sieht bevor man es wieder eingesammelt hat, hat man sein Paddel dann wirklich verloren? Frage für einen Freund… Aber wenn Paddel einfach so einen Fluss runtertreiben können, warum nicht auch wir? Wir stellen das Paddeln ein, sehen uns um und horchen in die Natur hinaus. Neben einigen Wasserfällen tröpfelt und plätschert auch immer wieder Wasser aus dem Moos, das links und rechts die Hänge bekleidet. Vögel kreisen über dem Tal und Enten auf dem Wasser. An den Hängen lassen sich immer wieder Bergziegen sehen. Noch ein paar Schnellen, Hindernisse und eine heilige Höhle, von der nicht viel zu sehen ist und die man nicht betreten darf, und dann haben wir die John Coull Campsite erreicht. Wenn der Fluss mithilft vergehen 37 Kilometer doch schneller als gedacht.

Wir schleppen unser Kanu eine Ebene nach oben. Die Einweisung sagte, dass wir das Kanu nicht direkt am Fluss lassen sollen, da es sonst bei steigendem Wasserspiegel am nächsten Morgen vielleicht nicht mehr da liegt. Wir sind auch die einzigen, die das so machen. Danach schnappen wir unsere Fässer und schleppen sie noch ein paar Etagen rauf, bis wir die Zeltwiese mit Kochhütte erreicht haben, die in Terrassen angelegt ist. Hier blocken wir erstmal unser bevorzugtes Stückchen Wiese mit den Fässern. Ein Stückchen weiter, an dem Verbindungsweg zwischen Zeltwiese und der Hütte, die es hier auch gegeben hätte, befinden sich die Toiletten (Standardmodell Plumpsklo). Schließlich folgt ganz hinten die Hütte. Dort tragen wir unsere weiteren  „Wanderabsichten“ in das dafür vorgesehene Buch ein, damit Such- und Rettungskräfte im Notfall unseren Weg nachvollziehen können. Zurück auf der Zeltwiese fällt uns auf, dass es hier auch ein Buch für die Camper gegeben hätte und das andere vermutlich nur für die Hüttenbewohner gedacht war. Wir tragen uns hier auch einfach nochmal ein, doppelt hält schließlich besser.

Während wir unser Zelt aufbauen kommen diverse Leute den Hang hoch und fragen nach dem Weg zur Hütte. „Einfach immer weiter geradeaus.“ Abgesehen von uns steht heute Abend noch ein zweites Zelt auf der Wiese. Ein paar weitere Camper haben es sich auf den kleineren Terrassen weiter unten bequem gemacht. Wir machen uns erstmal Abendbrot. Wasser gibt es aus Pumpwasserhähnen. Im Gegensatz zu den fragil wirkenden Exemplaren auf dem Tongariro Northern Circuit, werden diese hier mit dem Fuß bedient. Aber wie schon auf den anderen Wanderwegen stehen auch hier die Warnschilder, dass das Wasser unbehandelt ist und unter Umständen nicht für den direkten Verzehr geeignet. Als wir da so sitzen und unsere Kreationen verspeisen, kommt ein Maori vorbei. Wir halten ihn zunächst für den Hütten-Ranger, morgen wird sich jedoch rausstellen, dass er der Paddel-Guide einer vierköpfigen Rentnertruppe ist. Er gibt uns Tipps, wie wir am besten die Fledermäuse sehen können, die es hier gibt. Wir sollen bei Sonnenuntergang den Himmel rund um den einen großen Baum, der alle anderen am Hang überragt, im Auge behalten. Der Sonnenuntergang kommt und geht, wir gucken die ganze Zeit, können aber keine Fledermäuse sehen. Stattdessen gehen wir runter an den Fluss und bewundern die Vertäuungskünste der anderen. Einige haben ihre Boote an großen Stücken Treibholz festgemacht. Das kriegt keiner weggetragen, aber falls das Wasser steigen sollte, macht das Treibholz halt, was Treibholz so macht und das Boot ist auch weg. Andere haben sich an Wurzelenden festgemacht, die aus der Erde ragen. Die Enden zeigen dabei dummerweise in Flussrichtung und die Schlingen sehen so aus, als könnte der Fluss sie einfach von der Wurzel ziehen. Soll nicht unser Problem sein, wir liegen weit oben auf dem Trockenen. Stattdessen genießen wir noch ein wenig das Abendpanorama am Fluss mit Mama- und Baby-Bergziege gegenüber. Im Dunkeln erreichen wir das Zelt. Der Sternenhimmel ist mal wieder atemberaubend. Die ISS zieht kommt auch vorbei und sagt „Hi!“

Tag 2 – 13.02.

Wir wachen im dichten Dunst des Regenwaldes auf. Der Berg gegenüber ist nur schemenhaft zu erkennen. Wir frühstücken erstmal. Nach einiger Weile ist Porridge auch mal wieder ganz nett. Dazu einen Apfel und einen Kaffee und der Tag kann starten. Trotzdem brauchen wir knappe drei Stunden zwischen Aufwachen und dem ersten Paddelschlag.

So richtig wachen wir auf, als die zweite Stromschnelle des heutigen Tages das Heck unseres Kanus packt, uns herum drückt und wir dabei in Schräglage geraten. Aber zum Glück passiert nichts Schlimmeres, abgesehen davon, dass wir plötzlich stromaufwärts gucken. Wir drehen wieder und setzen unsere Fahrt fort. Weiterhin begleitet von steilen Wänden links und rechts, überwachsen mit Moos und/oder Farnen. Der Wasserstand ist heute etwas niedriger als noch gestern. Das bedeutet für uns, dass mehr Snags (Dinge an denen wir hängenbleiben können) und mehr Stromschnellen zutage treten.

Ein Highlight des heutigen Tages ist die Bridge to Nowhere. Rückkehrern aus dem Ersten Weltkrieg wurde hier in der Gegend Land geschenkt. Eine Holzbrücke verbandt zwei Siedlungen. Die Siedler erwarteten aber eigentlich eine größere Straßenanbindung, weshalb die verrottende Holzbrücke durch eine Stahlbetonbrücke ersetzt werden sollte. Als die endlich irgendwann fertig war, waren kaum noch Siedler übrig, da das Leben auf dem geschenkten Land einige Härten mit sich brachte. Das endgültige Aus kam 1944, als die Regierung beschloss, dass die Straße nicht weiter unterhalten wird. Böse Zungen behaupten, dass die Brücke heute öfter überquert wird als zu ihrer aktiven Zeit. Eine besondere Herausforderung bietet der Ausstieg aus dem Kanu, um die ca. einstündige Wanderung (hin und wieder zurück) überhaupt antreten zu können. Da wir bis hierher auch etwas über die Hälfte der heutigen Strecke zurückgelegt haben, machen wir erstmal eine Snack-Pause, nachdem wir den schwierigen Ausstieg aus dem Boot geschafft haben. Dann machen wir uns auf den Weg zur Brücke.

Unser Tagesziel nach 29 Kilometern ist heute Tīeke Kāinga. Hier trifft Campingplatz und Hütte auf Marae. Bei unserer Ankunft wird uns erklärt, wo wir unser Zelt errichten dürfen und in etwa 30 Minuten soll die offizielle Begrüßungszeremonie stattfinden. Wir suchen uns einen Platz in der Nähe eines Tisches mit Bänken und daneben einem Bananenbaum. Ungefähr 45 Minuten später heißt es, dass wir noch auf die letzten Gäste für heute warten, es aber in zehn Minuten losgehen soll. Nochmal 15 Minuten später kommen die Gäste sogar tatsächlich an und haben ungefähr fünf Minuten ihr Zeug aus dem Kanu zu laden, auf der Wiese zu parken und sich dann mental auf die Begrüßungszeremonie vorzubereiten.

Die Frauen gehen zuerst durch das offizielle Tor des Marae, müssen aber auf den hinteren Bänken platznehmen. Zuerst hält Stacy, der Maori-Guide der Rentnergruppe, eine Rede und die Gastgeberin singt ein Maori-Lied. Daraufhin ist es die Aufgabe der Gruppe von Gästen eine Antwortrede zu halten. Zum Glück kennt sich einer der Rentner in der Maori-Kultur aus und erwidert Stacys Rede. Die ganze Gruppe soll ein Maori-Lied singen. Einige scheinen es zu kennen und singen mit, ich stehe nur etwas bedröppelt in der ersten Reihe rum. Anscheinend konnten wir aber die gastgebende Seite überzeugen, dass unsere Gruppe keine bösen Absichten hat und wir werden herzlich dazu eingeladen, die Nacht hier zu verbringen. Jeder aus unserer Gruppe wird von Stacy und der Gastgeberin mit einem Hongi begrüßt. Wir dürfen uns nun frei über das komplette Areal bewegen.

Nachdem wir uns umgesehen haben, machen wir Abendbrot. Zum Tagesabschluss sitzen wir wieder am Fluss, gucken den Enten beim Baden zu und der Sonne beim Untergehen. In der Dunkelheit der Nacht hören wir in den Bäumen mal wieder ein paar Possums rumrandalieren.

Tag 3 – 14.02.

Heute schaffen wir es doch tatsächlich mal vor 9 Uhr in Bewegung zu kommen. Trotzdem sind wir die letzten aus unserer Gruppe. Bis 14 Uhr müssen wir es schaffen, die letzten 21,5 Kilometer hinter uns zu bringen. Die größten Spaßmacher liegen noch vor uns. Bei der Einweisung am ersten Tag wurde vor zwei Dingen insbesondere gewarnt: Ein großer Felsen, der unbedingt auf der linken Seite zu umfahren ist und eine Stromschnelle mit dem Spitznamen 50:50. Der Wasserstand ist heute nochmal niedriger als gestern, was für uns noch mehr Dinge bedeutet, die aus dem Wasser gucken und noch mehr Stromschnellen, wo vorgestern vielleicht keine gewesen wären.

Wir erreichen Mangaio Rock, den Felsen vor dem wir gewarnt wurden und der unter allen Umständen auf der linken Seite zu passieren ist. Ich hatte bei der Einweisung die Bilder immer so gelesen, dass wir uns durch den sehr schmalen Kanal quetschen müssen, der zwischen Fels und Ufer liegt. Stellt sich raus, wir kommen aus der anderen Richtung und die linke Seite ist fast die komplette Breite des Flusses. Welcher Irre würde denn freiwillig rechts an dem Felsen vorbeipaddeln? Wir halten uns schön weit links –vielleicht etwas zu weit links. Unser Boot schrammt mit dem Boden über eine Steinbank, sodass wir fast steckenbleiben.

Heute kommen uns zum ersten Mal die Jetboote entgegen, vor denen wir ebenfalls gewarnt wurden. Wir halten uns eindeutig auf der rechten Seite des Flusses auf. Das Jetboot rauscht vorbei und wir stellen uns mit dem Bug in dessen Heckwellen, um die Gefahr des Kenterns zu minimieren. Da wir links und rechts immer noch von steilen Felswänden umgeben sind, reflektieren die Wellen vom Rand wieder zurück und es dauert eine Weile bis wir wieder ruhiges Fahrwasser haben. Nach all der Aufregung brauche ich erstmal ein Klo, nur ist in der Karte keins mehr eingezeichnet bevor wir das Ziel erreichen. Dann muss es eben ein begrünter Hang sein, der ausnahmsweise mal keine steile Felswand ist. Ich bin glücklich und erleichtert auf meinem Weg den Hang hinunter zurück zum Boot, da kommt ein Kanu um die Ecke und hält direkt neben uns. „Kann man hier gut pieseln?“ „Abgesehen vom dem ganzen Gestrüpp gar nicht schlecht.“ „Nach den ganzen Felswänden endlich mal wieder eine Gelegenheit.“ Wir lassen die beiden Damen mal machen und paddeln weiter.

Wir haben mittlerweile zu der Rentnergruppe mit Stacy als Guide aufgeschlossen. Wir halten uns bewusst hinter ihnen, so können wir beobachten wie jemand, der den Fluss kennt, die Schnellen angeht. Die nächste Schnelle muss eine große sein. Sie hoppeln durch, ziehen anschließend nach rechts und setzen ihr Boot erstmal auf die Steinbank neben der Schnelle. Wir sind dran. „Volle Kraft voraus, sonst kann ich nicht steuern. Die Schnelle zeigt direkt auf die Felswand, da wollen wir nicht enden.“ Lulu antwortet beherzt mit „Heul doch nicht rum.“ Wir kommen durch, ohne dass uns die stehende Welle von einem halben Meter Höhe umwirft. Allerdings hat unser Kanu einiges an Wasser schlucken müssen. Wir tun es also Stacy und den Rentnern gleich und setzen das Kanu anschließend auf die benachbarte Steinbank. Ich schnapp mir die Pütz und leere das Kanu wieder. Das nächste Pärchen nähert sich. Als sie über die stehende Welle fahren, fliegt die Frau aus dem Vordersitz. Deren Kanu schluckt auch einige Liter Wasser. Der Bug ragt steil aus dem Wasser. Der Mann am Heck sitzt bis zur Hüfte im Wasser, schafft es aber das Boot ohne zu kentern neben uns zu parken. Noch ein Kanu nähert sich. Eigentlich sieht alles ganz gut aus. Als sie es eigentlich schon unbeschadet geschafft haben, fängt ihr Kanu an mit Wasser vollzulaufen und zu sinken. Die beiden springen ab und versuchen die Steinbank zu erreichen. Ich halte mein Paddel raus, damit sie etwas haben, woran sie sich an Land ziehen können. Das klappt und so fangen sie neben uns an, ihr Kanu für die weitere Fahrt herzurichten. Lulu begreift, dass diese Stromschnelle die 50:50 war und ist ganz plötzlich etwas weniger aufmüpfig.

Ein paar Schnellen erwarten uns noch direkt vor Pipiriki, dem heutigen Etappenziel. Aber mit Stacy als Vorkoster in Sichtweite voraus, überstehen wir auch die noch. Dann erreichen wir die Bootsrampe und die Etappe und damit auch die ganze Tour ist überstanden. Der Bus ist noch nicht da. Wir nutzen den Sonnenschein und bauen das Zelt zum Trocknen auf. Da das hier unsere letzte größere Wanderung in Neuseeland war, kommt es für eine ganze Weile nicht mehr zum Einsatz und sollte vorm Einpacken möglichst trocken sein. Alle helfen mit, wenn neue Boote ankommen. Wir bauen das Zelt wieder ab und gegen 14 Uhr erscheint der Bus an der Rampe. Die Boote kommen auf den Anhänger, Westen in eine Tonne, Karten und Pützen in jeweils einen großen Sack. Als alles verstaut ist, heißt es Aufsitzen und zurück nach Raetihi. Lulu hat wieder mit dem Fahrstil zu kämpfen, aber alles geht gut aus. Beim Abladen packen alle mit an und jeder wäscht seine Fässer aus. Zur Belohnung gibts eine riesige Portion Pommes (oder „Chips“, wie der Neuseeländer sagt) für alle. Dazu gibts Kaffee, Tee und später auch noch eine Obstplatte und Kekse. Wir beladen Schorschel und ziehen weiter.


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